Helmut Theodor Rohner | PORTRÄT

Aktuelles - Leserbriefe 2011

In Leserbriefen nimmt der Autor seit Jahren eifrig Stellung zu Fragen, die in den Medien gestellt werden. Eine Auswahl davon soll hier angeführt werden.

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Leserbriefe 2011

Papst und Heiliger Geist

Pfr. Eberhard Amman sagt in seinem Leserbrief vom 9.12., die Bischöfe würden durch den Heiligen Geist "eingesetzt" und versteht das so, als würde der Heilige Geist die Bischöfe aussuchen. "Der Papst", sagt er, "weist ihm nur seinen Amtsbereich zu." Ich und viele viele andere sind davon überzeugt, dass der Heilige Geist nicht Kardinal Groer und Bischof Krenn für uns ausgesucht hätte, sondern eine bessere Auswahl getroffen hätte. Die Namen Groer und Krenn stehen hier nur als Beispiel für viele Vatikanische Fehlentscheidungen bei Bischofsernennungen weltweit. Sie alle dem Heiligen Geist in die Schuhe schieben zu wollen, ist höchst unfair. Wenn die Bischöfe wirklich als Diener des Kirchenvolkes gesehen werden, so wäre es logisch, dass das Kirchenvolk sie wählen und, wenn nötig, auch wieder absetzen könnte. In diesem Punkt, wie auch in anderen, könnte uns die altkatholische Kirche den richtigen Weg weisen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 9. Dezember 2011 (Einsendedatum)

Wesentlich katholisch

Wesentlich katholisch ist das, was Jesus den Seinen mit auf den Weg gegeben hat. Das ist zu einem großen Teil allen christlichen Kirchen gemeinsam. Wenn wir also nach dem wesentlich Katholischen fragen, so ist dieses weitgehend mit dem Christlichen identisch. Wenn wir hingegen nach dem „typisch Katholischen“ oder dem „unterscheidend Katholischen“ fragen, dann meinen wir das, was uns von den andern Christen unterscheidet. Das sind zu einem beträchtlichen Teil Randgebiete des Christlichen, z.B. das Ablasswesen, die Kardinäle, die Prälaten oder der Pflichtzölibat für die Weltpriester des lateinischen Ritus. Viele Bestimmungen des Kirchenrechts können unmöglich auf Jesus zurückgeführt werden. Sie sind katholisch, könnten oder sollten jedoch z. T. abgeschafft werden. Päpste gibt es auch in andern christlichen Kirchen. Doch keiner von ihnen lässt sich, wie unser Papst, eindeutig gegen dem Willen Jesu, „Heiliger Vater“ nennen. Die uneingeschränkte Macht des Papstes über jeden Katholiken weltweit ist typisch und unterscheidend katholisch, doch Jesus wollte im Reiche Gottes nur Diener, keine Herrscher. Wenn also in der jetzigen Kirchendiskussion gesagt wird: „Da wo katholisch drauf steht, da soll auch katholisch drin sein.“, dann sollten der Papst, der Kardinal, die Bischöfe, die Priester und die Gläubigen bedenken, dass das Wort „katholisch“ in verschiedenem Sinne gebraucht werden kann.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, Dezember 2011 (Einsendedatum)

Geringschätzung des Kirchenvolkes

1995 hat das Kirchenvolk in Österreich schon einmal in kreativer und massiver Form die Hierarchie zu längst notwendigen Reformen drängen wollen. Umsonst. Denn der „Dialog für Österreich“ wurde von den Bischöfen zwar eingeleitet, aber gleich wieder abgebrochen. Mit dem „Aufruf zum Ungehorsam“ der Pfarrer-Initiative wurde in diesem Jahr ein neuer Versuch gestartet. Doch die Bischofskonferenz mit Kardinal Schönborn an der Spitze blockt auch diesmal wieder ab. Kein Katholikentag und kein österreichweites Gespräch mit dem Kirchenvolk. Also kein Dialog mit den Gläubigen auf breiter Basis. Jesus sagte, all seine Jünger und Jüngerinnen seien Brüder und Schwestern. Sie sind also alle ernst zu nehmen. Die Bischöfe haben kein Monopol zu wissen, was die Kirche braucht, um heutige und morgige Menschen anzusprechen und ihnen behilflich zu sein. Ich glaube, sie werden ihre nochmalige Gesprächsverweigerung eines Tages sehr bereuen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 13. November 2011 (Einsendedatum)

"Biblische" Enthaltsamkeit

Nach Frau Sylvia Albrecht sollen neuere Studien ergeben haben, dass im ersten Jahrtausend die vielen verheirateten Bischöfe und Priester mit Berufung auf die Bibel von der Weihe an enthaltsam gelebt hätten. Da kann man nur sagen: Wer's glaubt, wird selig! Da aber die Studien sich nur auf die Normen, nicht aber auf dieTatsachen beziehen, könnte man - wohl ohne genauere wissenschaftliche Untersuchungen - auch sagen: Sie "mussten" enthaltsam leben, getan haben es die meisten sicher nicht.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 26. September 2011 (Einsendedatum)

Gewissen ist persönlich

Herr Manfred Steinegger liebt es, mir „eingebildete Überlegenheit“ oder zuletzt „ein übergebildetes Gewissen“ vorzuwerfen. Dazu möchte ich klarstellen: Zur möglichst guten Bildung seines Gewissens ist jeder Mensch verpflichtet, alle ihm zugänglichen Informationen einzuholen und abzuwägen. Doch das Gewissen selbst ist eine ganz individuelle und persönliche Angelegenheit. Der Papst, mein Bischof und ich, jeder von uns, muss nach seinem eigenen Gewissen handeln. Der Papst darf nicht nach meinem und ich nicht nach seinem Gewissen handeln. Vor Gott kann ich mich nicht auf das Gewissen des Papstes hinausreden. Es ist nicht meine Einbildung, sondern gut katholische Lehre, wenn ich sage: Die Verantwortung für mich, habe ich. Andere, z.B. Vorgesetzte haben eine Mitverantwortung für mich. Diese können sie mir mit Argumenten erklären, wenn ich sie nicht einsehe, aber mich zu etwas zwingen, was ich für falsch erachte, dazu haben sie kein Recht.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 21. September 2011 (Einsendedatum)

Stellvertreter Jesu Christi

Zur Ungehorsams-Debatte
Meines Wissens wurde dieser Titel in der ersten Hälfte der christlichen Zeitrechnung, d. h. bis ins Mittelalter nicht verwendet. Da Jesus gestorben ist, braucht er tatsächlich "Stellvertreter"(besser und richtiger wäre der Ausdruck "Nachfolger"), wenn sein Werk weiter geführt werden soll. Doch wer sind seine "Stellvertreter"? Gemäß dem Neuen Testament alle Christen und Christinnen - unter ihnen auch der Papst -, aber keineswegs in allem, was sie sagen und tun. Sie agieren nur dann als Stellvertreter Jesu, wenn ihr Reden und Handeln dem Geiste Jesu entspricht. Auch das Kirchenrecht gilt nur dort, wo es dem Geiste Jesu entspricht. Wenn jede Verweigerung der Unterordnung unter den Papst, ganz egal in welcher Frage, uns - noch dazu "als Tatstrafe" d. h. automatisch - von der Kirche und von Jesus trennte, dann wäre die Autorität des Papstes in all seinen Aussagen mit der Autorität Jesu identisch. Doch da wo Jesus und der Papst Sich-Widersprechendes sagen und wollen, da ist jeder Katholik und jede Katholikin zum inneren oder auch offenen Widerstand aufgerufen. Wer ruft sie dazu auf? Gott, Jesus, Paulus, usw. , denn da wird "ein anderes Evangelium" nicht nur verkündet, sondern unter Strafe eingefordert.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 10. September 2011 (Einsendedatum)

Protestieren durch Tun

"Durch Schweigen zu sündigen, wenn sie protestieren sollten, macht Männer zu Feiglingen." Diesen Satz von A. Lincoln setzt Herr Martin Frick an den Anfang seines Leserbriefes zum priesterlichen Ungehorsam, gegen den er vehement protestiert.
Die 350 Priester der Pfarrer-Initiative wollen auch keine Feiglinge sein und deshalb protestieren sie. Sie haben schon lange auf dem Weg des Dialogs versucht, die Kirche auf den heutigen Stand zu bringen, doch das ist ihnen nie gelungen. Kardinal Schönborn hat ihnen einen Termin in Rom besorgt, wo sie ihre Anliegen vorbringen durften. Sie wurden aufmerksam angehört. Doch das war es auch schon. Keine Antwort. Keine Konsequenzen, keine Änderungen. Da sahen sie sich gezwungen, einen andern Weg zu beschreiten. Nicht mehr: Wir bitten oder wir fordern, sondern wir tun, was wir nach unserm Gewissen tun müssen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 17. September 2011 (Einsendedatum)

Frauenpriestertum

Viele meinen, wenigstens diesen Punkt hätte die Pfarrerinitiative für spätere Epochen aufsparen sollen. Heute sei dieses Thema noch so umstritten, dass die Forderung danach für jede innerkirchliche Reformbewegung kontraproduktiv sei. Ich freue mich, dass sich Pfr. Schüller mit guten Argumenten gegen diese Behauptung vehement wehrt. Er sagt: "Wir finden es nicht gerecht, auch taktischen Gründen die Frauen im Stich zu lassen. Das Thema Frauen in der Kirche muss Kernbestandteil der Reformbewegung sein, sonst handeln wieder Männer untereinander etwas über die Kirche aus. Das ist nicht fair. Wir sind das den Frauen in unsern Pfarrgemeinden schuldig, die 80 Prozent des kirchlichen Betriebs schupfen." Es wäre sicher nicht im Geiste Jesu, wenn die Männer, um mehr Aussicht zu haben, etwas für sich zu erreichen, die Frauenfrage "draußen" ließen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 28. August 2011 (Einsendedatum)

Dreifacher Hoffnungsschimmer

Wenn ich mich bemühe, der Hoffnung eine Chance zu geben, finde ich in der neuesten Nummer vom KirchenBlatt einen dreifachen Hoffnungsschimmer in Bezug auf den Aufruf der Pfarrer-Initiative. Wie Prof. Zulehner hoffe ich, dass es am Ende nicht "nur Verlierer" gibt. Das Maßnahmenpaket könnte aufgeschnürt und die verschiedenen Fragen einzeln behandelt werden. Prof. Primetshofer zeigt auf, dass die Praxis der orthodoxen und katholischen Ostkirchen auch auf den westlichen Teil ausgebreitet werden könnte. Daraus ergäbe sich die Möglichkeit einer kirchlichen Zweitehe. Und die Frauenreferentin unserer Diözese Petra hofft, dass der Konflikt zu einer echten Gesprächskultur in unserer Kirche führe. Diese scheint sich sogar schon anzubahnen. Es lebe die Hoffnung!

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für das Vorarlberger Kirchenblatt, 25. August 2011 (Einsendedatum)

Befreiung

Der altkatholische Bischof John Okoro sagt richtig: "Überall, wo Freiheit, Befreiung, Selbstverantwortung, Selbstgestaltung als Lebenshaltung erwünscht werden, entstehen Widerstand und Ängste." Dieses Problem zeigt sich in der Gesellschaft und auch in den christlichen Kirchen. Doch heute sind wir wohl auch in dieser Frage an einem Wendepunkt angelangt. Deshalb scheint es mir wichtig, dass alle Menschen in der säkularen Gesellschaft und in den verschiedenen Kirchen ihre Kräfte bündeln, um der Befreiung aus politischer, wirtschaftlicher, finanzieller und religiöser Unterdrückung und Bevormundung zum Durchbruch zu verhelfen. Es handelt sich dabei um ein christliches, aber gleichzeitig auch um ein allgemein menschliches Anliegen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 24. August 2011 (Einsendedatum)

Zu zentralisierte Verantwortung

Helmut Schüller, der Leiter der Pfarrer-Initiative, hat in einem Interview gesagt: "In der Entscheidungsstruktur der Kirche können einige wenige vielen ihre Vorstellungen aufdrücken. Die Einstellung eines Mannes, des Papstes und seiner Umgebung, bestimmt die Entwicklung. Das ist nicht nur zu viel Macht, sondern auch zu viel Verantwortung für einen Einzelnen. Die Bischöfe, die sich nun gebunden fühlen, die nur das tun, was der Papst ihnen ermöglicht, sind in diesem System eingebaut." Entspricht eine solche Kirchenordnung wirklich dem Willen Jesu, der betonte, alle seine Jünger und Jüngerinnen seien Brüder und Schwestern und keiner dürfe über die andern herrschen?

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 20. August 2011 (Einsendedatum)


Leserbrief zu: Gedanken zum Sonntag: Kann man privat Christ sein?

Ein Denkanstoß

Jesu Ziel war das „Reich Gottes.“ Darauf haben sich längst alle christlichen Theologen geeinigt. Er bildete um sich eine Gemeinschaft, deren einziges Ziel es war, dem Reich Gottes zu dienen. Er war überzeugt: In dieser Gemeinschaft können sowohl der Einzelne als auch die „Vielen“, d. h. die Menschheit, zeitlich und ewig ihr wahres Glück, ihr Heil finden. Eine Reich-Gottes-Gemeinschaft wäre offen für alle, für die ganze Menschheit. Sie würde alle ethnischen, kulturellen, aber auch religiösen Unterschiede relativieren. „Dazu hat Jesus uns befreit!“ würde P. Painadath, ein indischer Jesuit ausrufen. (Siehe S. 45 in seinem Buch “Der Geist reißt Mauern nieder“.) Christ ist man in Gemeinschaft. Christ kann man nicht privat sein. Doch welche Gemeinschaften dienen wirklich dem weltweiten, unbegrenzten Reich Gottes, das in jedem Menschen keimhaft grundgelegt und schon vorhanden ist? Ist das nicht ein Denkanstoß, der auf Jesus selbst zurück geführt werden kann? Eine Perspektive, die uns der Geist Gottes heute entdecken lässt, weil die Entwicklung der Menschheit an einem Punkte angelangt ist, an dem uns das einleuchten kann? Interessierte, besonders auch “Ausgetretene“, möchte ich herzlich dazu einladen, diesen Gedanken mit mir weiter zu spinnen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
25. Juli 2011

Ein Aufschrei

Wer ein Ohr für die Sorgen des Kirchenvolkes hat, stellt zur Zeit fest, dass ein vehementer Aufschrei durch die Reihen der Katholiken geht. Grund: Die neue Liturgie-Instruktion, die uns beinahe jede Eigenverantwortung abspricht und das, was der Kirche heilig ist durch Kontrolle(sprich Denunziation) retten will. In dieser Situation ist es wichtig, dass wir nicht nur über die römische Kurie schimpfen und uns grün und blau ärgern, dass kein einziger Bischof seine prophetische Stimme gegen eine solche Fehlentwicklung erhebt. Sieht denn keiner, dass hier wichtige Anliegen Jesu verraten werden und dass das ausgesäte Misstrauen die menschliche und christliche Atmosphäre des Wohlwollens und der gegenseitigen Ermutigung verdirbt? Diese Form von Kirche, davon bin ich überzeugt, hat keine Zukunft. Sie zerstört sich selbst. Doch was kommt dann? Dafür tragen wir alle Verantwortung. Das sollte unsere gemeinsame Sorge sein: Eine „neue“, d.h. gründlich erneuerte Kirche der Zukunft. Eine Initiative in diese Richtung war das Kirchenvolks-Begehren. Eine neue ist in Vorbereitung.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
25. Juli 2011

Soll ich gehen oder...?

Im Kirchenblatt lese ich die Meinung von Kardinal Schönborn zum Aufruf der Pfarrer-Initiative: Falls wirklich jemand zur Gewissensüberzeugung komme, "dass Rom auf einem Irrweg ist, der gravierend dem Willen Gottes widerspricht, müsste (er) im äußersten Fall die Konsequenzen ziehen, den Weg nicht mehr mit der römisch-katholischen Kirche zu gehen".
Hat Kardinal Schönborn wirklich noch nichts gehört von Hunderten und Tausenden von aktiv engagierten und kirchentreuen Katholiken, die unermüdlich in die Welt hinaus schreien, die katholische Kirche brauche notwendig wichtige Reformen, um wieder halbwegs dem Willen Jesu zu entsprechen? Wenn diese Reformer alle gehen, wer soll und kann dann die katholische Kirche erneuern?
Für mich persönlich gibt es z.B. keinen Zweifel, dass Rom in unzähligen Fällen seine kirchliche Macht so gebraucht, dass es gravierend dem Willen Gottes widerspricht. Soll ich deshalb gehen oder mich unermüdlich dafür einsetzen, dass das anders wird?

Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für das Vorarlberger Kirchenblatt, 14. Juli 2011 (Einsendedatum)

Geduldsfaden gerissen

Seit Jahrzehnten werden verchiedene Reformen in der katholischen Kirche erbeten und gefordert, doch es tut sich sehr wenig. Die Reform geht eher rückwärts. Deshalb ist jetzt der Pfarrer-Initiative die Geduld ausgegangen. Sie ruft dazu auf, bestimmte Verbote in der Praxis einfach zu übergehen. Beispiele: die Kommunion gutgewillten Gläubigen anderer Kirchen nicht verweigern. Ausgebildete Laien und Religionslehrerinnen predigen lassen. Wortgottesdienst mit Kommunionspendung als "priesterlose Eucharistiefeier" erklären. Sich dafür öffentlich einsetzen, dass Verheiratete und Frauen zum Priestertum zugelassen werden und dass jede Pfarre ohne Zusammenlegungen einen Vorsteher hat: Mann oder Frau, verheiratet oder unverheiratet, hauptamtlich oder nebenamtlich.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 11. Juli 2011 (Einsendedatum)

Sieben Reformvorschläge

hat die Pfarrer-Initiative den Priestern am 19. Juni 2011 vorgeschlagen:
1. In jedem Gottesdienst eine Bitte um eine Kirchenreform.
2. Gutwilligen Gläubigen die Eucharistie nicht verweigern.
3. An Sonntagen nur einmal zelebrieren. Keine ortsfremden Priester einsetzen.
4. Wortgottesdienst und Kommunion = "priesterlose Eucharistiefeier".
5. Kein Predigtverbot für ausgebildete Laien und Lainnen.
6. Ein/e Vorsteher/in für jede Pfarrei ohne Rücksicht auf Geschlecht und Stand.
7. Öffentliches Auftreten für die Zulassung von Verheirateten und Frauen zum Priesteramt.
Dieses selbstständige Handeln nach dem eigenen Gewissen wird als notwendig erachtet, weil Rom und die Bischöfe eine längst notwendige Reform konstant verweigern.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 1. Juli 2011 (Einsendedatum)

Kern des Priesterberufes

Im neuesten Kirchenblatt fand ich zu meiner großen Freude zwei Antworten unseres Bischofs Elmar, denen ich nichts hinzuzufügen und an denen ich nichts zu kritisieren habe. Ich möchte sie vielmehr mit heller Begeisterung durch die VN einem größeren Publikum bekannt machen. Über die Verbindung zwischen dem Priesterberuf und der Arbeit als Eheberater sagt Bischof Elmar. "Die Verbindung habe ich in dem Satz entdeckt: 'Suche vor allem das Reich Gottes.' Die Frage nach den psychischen Grundbedürnissen des Menschen - etwa nach Geborgenheit und Zuwendung - ist ganz nahe an der Suche nach dem Reich Gottes. In einer Ehe müssen Grundbedürfnisse erfüllt sein, damit sie lebt." Und auf die Frage: "Was ist der Kern des Priesterberufes?" hören wir die Antwort des Bischofs: Christus ist der Mensch. Wir Priester haben die Aufgabe, echtes Menschsein aufzubauen. Denn echtes Menschsein gibt Selbstwert. Das größte Gebot in unserm Glauben ist der Entfaltungsauftrag zur Liebe, und zwar zur dreifaltigen Liebe. In Beratungssituationen ist es mir darum gegangen, Liebesfähigkeit aufzubauen." Bravo Elmar! Mit diesen Worten ist es Dir wunderbar gelungen, das Göttliche und das Menschliche, den Glauben und das Leben miteinander zu verbinden.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 1. Juli 2011 (Einsendedatum)

Offene Kommunion

In der Kirchenzeitung der Diözese Linz stand vor kurzem zu lesen, dass die gegenseitige Gastfreundschaft evangelischer und katholischer Gemeinden bei der Kommunion nicht nur in Deutschland keine Seltenheit sei und stillschweigend toleriert werde. Gibt es diese Praxis etwa auch in Österreich? Darüber schweigt des Sängers Höflichkeit. Aus der Schule zu plaudern, kann in unserer Kirche gefährlich sein. Persönlich kenne ich diese Praxis jedenfalls auch von der Schweiz. In einer Pfarrei im Kanton Luzern, die ich gelegentlich besuche, werden seit langem jährlich drei ökumenische Gottesdienste gefeiert. Einmal ist es eine katholische Messe, zu der auch die Reformierten eigens eingeladen werden. Einmal ist es ein evangelisches Abendmahl, das auch den Katholiken als Sonntagsgottesdienst gilt. Und einmal ist es ein gemeinsam vorbereiteter Wortgottesdienst. Es werden also die verschiedenen Formen des gemeinsamen Feierns genützt. Bisher ohne jede Beanstandung.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
28. Juni 2011

Auftrag an die Gemeinde

Zum Leserbrief von Herrn Alexander Scheid
Die heutige Theologie ist sich darüber einig, dass Jesus selbst kein Priester war. Und im Abendmahlsbericht wird jeder Leser/ jede Leserin vergeblich eine Priester- oder Bischofsweihe suchen. Der Auftrag Jesu: "Tut dies zu meinem Andenken!" geht eindeutig an die vor Jesus versammelte "Urgemeinde" und nicht an einzelne Personen, die sich erst eigene Gemeinden suchen sollen. Wenn dieser Auftrag, wie wir glauben, bis zum Ende der Zeiten Gültigkeit besitzt, dann gilt er notwendig für jede christliche Gemeinde, die unter Mitwirkung des Heiligen Geistes, der auf Frauen und Männer ausgegossen wird, entsteht.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 20. Juni 2011 (Einsendedatum)

"Ersatzmenschen?"

Vor einem knappen Vierteljahrhundert wollte ich in Gortipohl Ministrantinnen einführen. Der damalige Oberministrant und jetzige Bürgermeister von Gaschurn Martin Netzer meinte: "Solange wir genug Buben haben, nehmen wir keine Mädchen." Ich machte ihm klar, dass hinter dieser Aussage eine Haltung steht, die die Buben als wirkliche, wahre Menschen und die Mädchen als Ersatzmenschen betrachtet. Das leuchtete ihm ein und von da an durften auch die Mädchen ministrieren. Diese Begebenheit fiel mir ein, als ich im Leserbrief des Gortipohlers Alexander Scheid las: "Vom Frauenpriestertum halte ich nichts, lieber Mitchrist Biondi. Da bin ich mit dem Papst einer Meinung." Was der einzelne Katholik denkt, ist vielleicht nicht so wichtig, aber die katholische Kirche als christliche Kirche sollte nicht den Eindruck erwecken, dass sie die Mitglieder weiblichen Geschlechts als Ersatzmenschen betrachtet.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 11. Juni 2011 (Einsendedatum)

Bischofsprofil

Volksnah und modern sollte der nächste Bischof von Vorarlberg laut Berndt-Umfrage sein. Zwei wahrhaft sympathische Eigenschaften. Und diese Eigenschaften widersprechen auch keineswegs dem Evangelium, wie eine Leserbriefschreiberin meinte. Doch nur volksnah und modern ist sicher zu wenig. Es wäre interessant, zu wissen, was das Kirchenvolk unserer Diözese sonst noch für Wunschvorstellungen hat.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 6. Juni 2011 (Einsendedatum)

Neuorientierung nötig

ich finde es gut, dass eine heiße Diskussion um die aktuelle Situation der katholischen Kirche und die bevorstehende Bischofsnachfolge entbrannt ist. Aus meiner Sicht ist das Wichtigste: Alles soll möglichst treu im Geiste Jesu geschehen. Kurz zusammengefasst heißt das: Es soll in allen Maßnahmen deutlich spürbar sein, dass wir alle untereinander(bis hinauf zum Papst) Geschwister und vor Gott gleichwertig sind. Aus diesem Grundsatz ergibt sich natürlich, dass der nächste Bischof nicht geheim ernannt, sondern offen vom Kirchenvolk gewählt wird.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 31. Mai 2011 (Einsendedatum)

Reform - Hierarchie - Disziplin

P. Kaufmann betont: "Innerhalb der katholischen Kirche fand keine einzige echte Reform gegen die Hierarchie oder gegen die Disziplin ....statt." Stimmt. Nur: Bei jeder Reform gab es immer oder meistens eine inoffizielle Phase an der Basis. 1. Beispiel: Vor dem Konzil gab es eine Menge sehr aktiver Reformbewegungen, z.B. die liturgische, die biblische und die ökumenische Bewegung. Diese Bewegungen waren offiziell nicht gern gesehen, wurden aber toleriert. Immer wieder preschten sie so weit vor, dass sie von der Hierarchie zurückgepfiffen wurden. Sie ließen sich für einige Zeit einschränken, preschten aber bald wieder vor und gaben nie auf. Und siehe da, das Konzil hat sie alle freudig anerkannt und sich über ihre wertvolle "Vorarbeit" gefreut. 2. Beispiel: Wichtige Reformen geschahen in der Geschichte der katholischen Kirche oft durch die Gründung neuer Orden. Diese wurden immer erst nach einer jahrelangen Probephase von der Hierarchie anerkannt. Es wurde also toleriert, dass sie ihre neue Lebensweise inoffiziell ausprobieren konnten. 3. Beispiel: Paulus und Barnabas gingen zuerst auf ihre erste Missionsreise und folgten bei ihrer "Heidenmission" einfach den Eingebungen des Geistes. Erst mit dieser praktischen Erfahrung im Gepäck zogen sie nach Jerusalem  hinauf, um sich ihre Praxis von den Aposteln, von dem als konservativ bekannten Herrenbruder Jakobus und von der Urgemeinde absegnen zu lassen.  

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 15. März 2011 (Einsendedatum)

Kirchenentwicklung wohin?

Bischof Elmar und ich sind uns einig, dass es bei der Auseinandersetzung zwischen uns nicht in erster Linie um uns zwei, sondern um zwei Kirchenbilder geht. Ist die heutige Kirche weitgehend so, wie Jesus wollte oder eben nicht? Welche Reformen braucht die katholische Kirche heute? In welche Richtung sollte sie sich entwickeln? In diesen Fragen unterscheiden sich nicht nur Bischof Elmar und ich, sondern viele Tausende von Katholiken voneinander. Diese Fragen müssen deshalb nach meiner Ansicht auf breiter Basis, offen und ohne Einschränkung von Seiten der Hierarchie diskutiert werden. Auch wenn es immer wieder so ausschaut, als würde ich immer nur "kritisieren", so wäre es mir sehr lieb, wenn alle entdecken könnten, dass ich positiv, mit Begeisterung und mit der Vision einer menschenfreundlichen, von Jesus her gründlich erneuerten katholischen Kirche auf dem Weg bin. Die Hoffnung auf diese erneuerte Kirche der Zukunft möchte ich in allen Gläubigen, auch in den Ausgetretenen wecken und stärken.

Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 4. März 2011 (Einsendedatum)

Pfarrer contra Bischof?

Wer, wie ich, mit seinen Ansichten in die Öffentlichkeit geht, muss damit rechnen, verstanden und missverstanden zu werden. Die Reaktionen der andern werden einmal angenehm und ein anderes Mal unangenehm sein. Jeder Mensch liebt es, wenn er gelobt wird. Das gilt auch für mich. Doch wenn meine Freunde den guten Pfarrer Rohner dem bösen Bischof Fischer gegenüber stellen, ist mir weniger wohl und ich bedauere, dass unser Bischof in diesem Zusammenhang, besonders im Internet, beschimpft wird und ihm wegen einiger Aussagen sozusagen allein die vielen Kirchenaustritte der letzten Zeit in die Schuhe geschoben werden. Gegen ein solches Unrecht wehre ich mich mit ihm. Es geht nicht um "Pfarrer gegen Bischof". Es geht vielmehr um zwei verschiedene Auffassungen, wie die Kirche aussehen sollte oder müsste, um dem Geist Jesu und der heutigen Entwicklung der Menschheit zu entsprechen. Es ist zu wünschen, dass möglichst viele in und außerhalb der Kirche das Ihrige zu dieser Diskussion beitragen.

Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für Mein Kleines Blatt, 4. März 2011 (Einsendedatum)

Meinungsfreiheit ja, aber.

Herr Wilhelm Peschitz, ich danke Ihnen für Ihren netten, kurzen Leserbrief. Meinungsfreiheit wie sie sie verstehen, gibt es zwar im österreichischen Staat, nicht aber in der römisch-katholischen Kirche. Wenn ich als Pfarrer i.R. öffentlich in der Zeitung eine Ansicht vertrete, die von meinen kirchlichen Obern als "unkatholisch" eingestuft wird, glauben diese nicht nur das Recht, sondern unter Umständen sogar die Pflicht zu haben, mich zu bestrafen und mundtot zu machen. Das gilt nicht nur, wenn es sich um wichtige Glaubensfragen handelt, sondern auch wenn es um als bedeutend eingestufte Fragen der kirchlichen Disziplin geht.

Helmut Rohner, Im Horn, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 26. Februar 2011 (Einsendedatum)

Vergebung

Heute in der Sonntagspredigt hörte ich es wieder: Die Vergebung Gottes und unsere Vergebung gehören eng zusammen.(Das ist richtig.) Wenn du vergibst, vergibt dir auch Gott. Wenn du nicht vergibst, vergibt dir auch Gott nicht. Da stimmt mit meinem Gottesbild überhaupt nicht überein. Der barmherzige Gott richtet sich doch beim Vergeben nicht nach dem schwachen und auch in seiner Barmherzigkeit begrenzten Menschen! Der christliche Gott, der Vater Jesu Christi, liebt uns, damit wir fähig werden zu lieben und er vergibt uns, damit wir fähig werden zu verzeihen. Diese Deutung passt gut zur Vater-unser-Bitte: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Pfarrer Helmut Rohner, Dornbirn
Leserbrief für das Vorarlberger Kirchenblatt, 13. Februar 2011 (Einsendedatum)

Aufruf an die Kirchenleitung

In Bezug auf den alarmierenden Anstieg der Kirchenaustritte meint Kardinal Schönborn, das hänge mit der neuen, durchaus begrüßenswerten Freiheit der Gläubigen (Übergang vom Tra­di­tionschristentum zum Entscheidungschristentum) zusammen. Die Reformanliegen, sagte er, bleiben weiterhin auf dem Tisch. Es gehe ja in erster Linie um die Gottesfrage. Meine Meinung dazu: Wenn so viele Katholiken ihre neue Freiheit dazu nützen, auszutreten, dann sagen sie damit den Entscheidungsträgern der Kirche sehr deutlich: So kann es nicht mehr weiter gehen! Ihr dürft die Reformanliegen nicht mehr länger vor euch herschieben. Die Ausrede, die „Weltkirche“ - womit doch immer nur „Rom“ gemeint ist - sei noch nicht reif für bestimmte Reformen, hat längst ausgedient. Die Gottesfrage soll natürlich an erster Stelle stehen. Doch welche Schlussfolgerungen für den Umgang mit den Gläubigen zieht die Kirchenleitung aus der Gottesfrage? Etwa die, Frauen seien vor Gott nicht so viel wert als Männer? Oder die, Priester würden schwer sündigen, wenn sie sich verlieben und zu dieser Liebe stehen? Oder die, unser Gott zwinge Homosexuelle und Lesben zu einem asexuellen Leben? Oder die, unser Gott verlange, dass in der Ehe Gescheiterte bestraft werden müssen, wenn sie einen Neuanfang wagen? Oder die, dass ein Papst aufgrund seines Amtes von niemandem mehr beurteilt werden dürfe; dass dieser sogar allen Katholiken, d.h. dem Kirchenvolk, allen Professoren und allen Bischöfen die Diskussion über eine ungelöste Frage verbieten könne?

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für Mein kleines Blatt, 11. Februar 2011 (veröffentlicht), geschrieben 13.1.2011

Heraus aus verknöcherten Strukturen!

144 deutschsprachige Theologen und Theologinnen haben ein "Memorandum" für notwendige Reformen in der katholischen Kirche unterschrieben. "Die Kirche muss diese Zeichen (z.B. die vielen Austritte im vergangenen Jahr) verstehen und selbst aus verknöcherten Strukturen ausziehen, um neue Lebenskraft und Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen."  Als konkrete Herausforderungen nennt diese erstaunlich große Zahl von Universitätsprofessoren unter anderem: Mitsprache der Gläubigen bei der Bestellung von Pfarrern und Bischöfen. Demokratisch geregelte Mitverantwortung der Laien in der Leitung der Pfarrgemeinden. Auch verheiratete Priester und Frauen im kirchlichen Amt. Kein Ausschluss von Lesben, Schwulen und Wiederverheirateten. Verkündigung der biblischen Freiheitsbotschaft.  Heutige Erfahrungen und Ausdrucksformen sowie konkrete Lebenssituationen der Gläubigen müssen in der Liturgie einen Platz finden. Nach einem Jahr der Krise meint in unsern Breiten jeder dritte katholische Theologe: "2011 muss ein Jahr des Aufbruchs für die Kirche werden!" Die Kirche darf nicht im Traditionalismus erstarren.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 7. Februar 2011 (Einsendedatum)

Chance nützen

Das Konzil hat die Muttersprache in der Liturgie nicht vorgeschrieben, sondern nur erlaubt, dort wo eine Ortskirche reif dafür sei. Doch als das Konzil grünes Licht dafür gab, waren im Nu alle Diözesen rund um den Erdball reif dazu. Genauso könnte es mit der Zulassung von verheirateten, bewährten Männern zum Priesterberuf gehen, wenn Rom einem Land die Erlaubnis dazu geben würde. Vor kurzem baten acht prominente, katholische CDU-Politiker die Deutsche Bischofskonferenz beim nächsten Papstbesuch oder danach gegebenenfalls eine Ausnahmeregelung für Deutschland zu erwirken. Die deutschen Bischöfe haben leider abgewinkt. Sie getrauen sich nicht, diese Chance im eigenen Interesse und im Interesse der Weltkirche mutig zu ergreifen. Vom christlichen Glauben her, das gibt selbst "Rom" schon lange zu, würde nichts dagegen sprechen. 

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 2. Februar 2011 (Einsendedatum)

Nachhilfe für die Kirche

In Bezug auf den riesigen Anstieg der Kirchenaustritte meinte Kardinal Schönborn, das hänge mit der neuen, durchaus erwünschten Freiheit der Gläubigen (Übergang vom Traditionschristentum zum Entscheidungschristentum) zusammen. Die Reformanliegen blieben weiterhin auf dem Tisch. Es gehe ja in erster Linie um die Gottesfrage. Meine Meinung dazu: Wenn die Katholiken ihre neue Freiheit dazu benützen, auszutreten, dann geben sie damit den Entscheidungsträgern der Kirche Nachhilfeunterricht: Es muss endlich Schluss damit sein, die Reformanliegen mit der Ausrede, die "Weltkirche" sei noch nicht soweit (gemeint ist sowieso nicht die Weltkirche, sondern ´Rom!), ungelöst vor sich herzuschieben. Die Gottesfrage soll natürlich an erster Stelle stehen. Doch welche Schlussfolgerungen für den Umgang mit Menschen ziehen unsere Hierarchen aus der für sie "gelösten" Gottesfrage?  Etwa die, dass wir einen Gott haben, der die Frauen weniger liebt als die Männer? Oder die, dass Priester, wenn sie sich verlieben und zu dieser Liebe stehen, sich schwer versündigen? Oder die, dass unser Gott in der Ehe Gescheiterte, bestraft, wenn sie einen Neuanfang wagen? Oder die, dass es eine schwere Sünde sei (Österreichische Bischofskonferenz), eine Kirche zu verlassen, von der jemand persönlich die Überzeugung gewonnen hat, sie weiche weit von dem ab, was Jesus für die Kirche wollte?

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn 
Leserbrief für die VN, 13. Jänner 2011 (Einsendedatum)

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